6. September 2022
Aktuelles|Fundraising

To raise funds

Portrait Dr. phil. Peter-Claus Burens

Expertenbeitrag von Dr. phil. Peter-Claus Burens

Das „Einwerben von Vermögen“ mag beim Private Equity eine wichtige Rolle spielen – aber nicht nur dort. Schon Priester in antiken Tempeln warben bei den Zeitgenossen um Gelder, Waren und ehrenamtliches Tun. Sie versprachen ihren Gönnern das Wohlverhalten der Götter im Leben wie im Tod.

Heute sind angesichts leerer Staatskassen und gewachsenem bürgerlichem Wohlstand neue Herausforderungen aktiv zu meistern. Nicht nur von der öffentlichen Hand, sondern vorrangig durch die Zivilgesellschaft. Wie schrieb der Autor Erich Kästner so richtig: „Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es“.

Zum Tun gehört stets, Andere zum Mitmachen zu animieren. Deshalb sind in Stiftungen und gemeinnützigen Initiativen Sozial-, Bildungs-, Umwelt-, Kultur- und Sportmanager gefragt, die nicht nur anvertraute Mittel verwalten und in Projekte umsetzen können, sondern zusätzlich in der Lage sind, private Zustiftungen, Spenden, Sponsorships u.v.a. im Sinne eines Do-ut-des  einzuwerben.

Allgemein zu beobachtende Tendenzen des Gebens und Nehmens spüren nachfolgende Anmerkungen nach. Sie sind rein subjektiv, aus jahrelanger Berufserfahrung erwachsen und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

  1. Altruismus gibt es beim gemeinnützigen Tun nicht. Das belegen nicht nur der uns namentlich bekannte erste europäische Stifter, der griechische Politiker und Heerführer Nikias, sondern auch der römische Kaufmann Gaius C. Maecenas und der frühneuzeitliche Bankier und Unternehmer Jakob Fugger.
  2. Stifter, Spender, Sponsoren  unterstützen anno dazumal wie heutzutage nur selten Institutionen als solche. Als eine Art Social Entrepreneur präferieren sie es vielmehr, in konkrete Projekte zu investieren und sich mit ihnen zu identifizieren.
  3. Bei einer Zahl von rd. 600.000 Nonprofit Organisationen mit Fundraising-Aktivitäten ist ein unverwechselbares Profil – einzigartige Botschaft, anspruchsvolle Projekte, glaubwürdige Repräsentanten, einprägsames visuelles Erscheinungsbild – Voraussetzung für den materiellen Erfolg.
  4. Auch das in der Bevölkerung als auch bei den Mitarbeiter/innen des gemeinnützigen Bereichs derzeit unterentwickelte Bewusstsein „Der Staat ist nicht für alles da“ muss, um im Fundraising nachhaltige Erfolge zu erzielen, überall stärker verankert werden.
  5. Die erfolgreiche Ansprache von Mitstreitern für eine gute Sache bedingt im Vorfeld zudem eine intensive Marktbeobachtung, Segmentierung und Definition relevanter Zielgruppe(n). Damit Hand in Hand sind maßgeschneiderte Kommunikations-Instrumente zwecks Kontaktaufnahme(n) zu entwickeln.
  6.  „Tue Gutes und lass Andere darüber reden“, ist legitimer Antrieb mancher Einzelpersonen, die sich bei größeren Dotationen Sozialprestige erhoffen.
  7. Wohlhabende, kinderlose und/oder alleinstehende Bürger gewinnen als (Zu-)Stifter und Erblasser auf dem Markt der Gemeinnützigkeit an Bedeutung. In den nächsten Jahren finden allein in Deutschland Erbgänge in Billionen Euro statt.
  8. Ältere Bürger stehen im Mittelpunkt, wenn z.B. Großspenden bei natürlichen Personen akquiriert werden sollen. Dabei kann ein Old Boys Network in manchen Fällen helfen, in anderen schaden.
  9. Von gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen werden nur Fundraising-Projekte als Medienereignisse gefördert, die eine höhere Bekanntheit, einen positiven Imagetransfer und/oder Begegnungen mit den von den Firmen umworbenen Kunden bewirken.
  10. Dabei wenden sich Global Player der Wirtschaft – zulasten nationaler Projekte – verstärkt gemeinnützigen Vorhaben mit internationalem Bezug zu, die wie Olympia oder die Bayreuther Festspiele der Gefahr einer Kommerzialisierung unterliegen. Zugleich behalten lokale und regionale Ereignisse rund um den Unternehmenssitz ihre Bedeutung zur Standortpflege.
  11. Immer mehr Konzerne gehen dazu über, gesellschaftlich wichtige Projekte in Eigenregie sowie mit Hilfe von Agenturen zu konzipieren und hierfür selbst Fundraising, z.B. als Matching Fund, zu betreiben.
  12. Von Gerichten und Staatsanwaltschaften verhängte Bußgelder werden angesichts leerer Staatskassen vermehrt von der öffentlichen Hand vereinnahmt und nicht privaten gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung gestellt.
  13. Bei Benefiz-Events erfolgt, nach Jahren des Wachstums und in Zeiten von Corona eine Konsolidierung. Entscheidend für den Erfolg bleibt: Wer lädt wen ein? Wen treffe ich dort? Gemeinnützige Inhalte verlieren entsprechend an Zugkraft.
  14. Massen-Mailings, Anzeigen sowie Aufrufe in Print- und elektronischen Medien bleiben nützliche Fundraising-Instrumente, wenn es z.B. bei Katastrophen um die Ansprache größerer, nicht differenzierter Bevölkerungsgruppen geht. Vorausgesetzt, es handelt sich um etablierte, allseits anerkannte Nonprofit Organisationen wie das Rote Kreuz, die Caritas oder die Aktion Deutschland Hilft.
  15. Die Ergebnisse der Akquisition von Online-Spenden sind bislang nicht mit denen der konventionellen Fundraising-Instrumente vergleichbar, gewinnen aber bei jüngeren Zielgruppen als Crowdfunding an Bedeutung.
  16. Voraussetzung für die erfolgreiche Vermarktung von Merchandising-Produkten – Becher, Bücher, Grußkarten, Kalender etc. – sind deren Originalität, ein Medienpartner und vor allem ein erprobter Vertriebsweg.

Die Fähigkeit von Stiftungen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, sich in die Rolle von potenziellen privaten Unterstützern hineinzuversetzen und dabei das Geben und Nehmen zu einem gemeinsamen, möglichst einzigartigen Projekt zusammenzufügen trägt in besonderer Weise dazu bei, sich künftig bewusst als Teil einer Initiative von Bürgern für Bürger zu sehen: also einer Bürgerinitiative im Wortsinn!

Dr. phil. Peter-Claus Burens ist ein in Wort, Schrift und Praxis anerkannter Nonprofit Experte. Siehe www.pppartnerships.de 
Zuletzt ist von ihm das Buch erschienen Gutmenschen sind auch nur Menschen. Von Spendern, Stiftern, Sponsoren und für den Gemeinnutzen Engagierte  (Hamburg 2021).